An(ge)dacht

Bruno Pottebaum

An(ge)dacht

Liebe Leserinnen und Leser

Das Ende der Volkskirche! Wir hören, lesen und erfahren es seit Jahren. Die Kirche im Dorf oder in der Stadt beides war dominant. Das gesellschaftliche Miteinander war bestimmt von Kirchlichen Leben und Brauchtum. Das ist nicht mehr.

Wir Christen müssen uns auf eine neue Situation einstellen. In unserem Bewusstsein muss sich etwas radikal ändern. In kirchlichem-sakramentalem Leben erfahren wir uns als Minderheit.

Der Bischof von Essen, Franz-Josef Overbeck, hat in seinem Interview am 19. September in der Süddeutschen Zeitung auf den Punkt gebracht. „Wir sind mehr „Volkskirche“ sondern „Kirche im Volk“. Wenn es in unserer Gesellschaft um soziale, kulturelle und moralische Fragen geht, spricht die Kirche nicht mehr mit einer allgemein anerkannten Stimme, sondern mit einer unter mehreren. Diese Stimme wird gehört und ernst genommen im politischen und gesellschaftlichen Diskurs, aber eben nicht als allgemeingültige.

Aber das hat auch Chancen. Der Bischof sagt weiter: „Ich sehe, wie sich die Kirchen ändern werden. Es wird einen Kern der religiös Interessierten geben, Überzeugte und Suchende. Und wenn wir gut sind, werden darüber hinaus eine Kirche der Sympathisantinnen und Sympathisanten sein. Es werden Menschen unser Kulturelles und soziales Angebot schätzen. Wir werden eine politische Dimension haben.

In diesem nun zu Ende gehenden Wahlkampf wurde die Stimme der Kirche sehr wohl gehört: Zur Sozialpolitik, zu Bildung und Inklusion, zu Migration und Flüchtlingen; zwar nicht unbedingt von der Mehrheit der Bevölkerung, aber Entscheidungsträgern im politischem und gesellschaftlichen Umfeld.

 

„Zusammen sind wir Heimat“. Es ist das Leitwort des diesjährigen Caritassonntags. Die, die alles aufgegeben haben und unter Lebensgefahr übers Meer geflohen sind, aufzunehmen und ihnen Heimat zu geben, ist eine große Herausforderung. Viele Bundesbürger sehen die vielen Menschen, die zu uns kommen, als Problem. Sie haben Sorgen und Ängste, die sicherlich ernstzunehmen sind. Viele reden von Überfremdung und lehnen die Flüchtlinge ab. Aber ist Abschottung die Lösung?

Menschen in Not zu helfen ist eine christliche und humanitäre Pflicht. Hier sieht sich die Kirche herausgefordert. Das findet in der Allgemeinheit nicht nur Zustimmung. Aber es ist ihre Stimme im Kanon der Meinungen. Da darf sie nicht nachlassen. Es ist auch ein Beitrag zum Frieden, unter den Völkern und Religionen.

 

Pfarrer Bruno Pottebaum

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