An(ge)dacht
Es war LIEBE, die Jesus am Kreuz hielt, nicht die Nägel.

Liebe Schwestern und Brüder, letzte Woche hatte ich eine Fortbildung im Priesterseminar Borromäum Münster über das Thema „Glauben und Sehen, Herausforderung Kunst“. Der Referent war Dr. Herbert Fendrich aus Essen.
Er lehrte uns etwas über die Kunstgeschichte anhand von Bildern von Jesus Christus, Maria, Kreuzesdarstellungen, Auferstehung usw. Am zweiten Tag, als der Referent verschiedene Bilder von Jesu Kreuzigung zeigte, sahen wir u.a. eine Darstellung mit einem völlig entstellten Gesicht Jesu, voller Blut und Wunden, sein Mund war geöffnet – ein wirklich schrecklicher Anblick. Der Dozent fragte uns: „Was sagt Jesus auf dem Bild?“
Alle unsere Antworten waren nicht so begeistert. Da erzählte der Referent eine seiner Erfahrungen, als er das gleiche Bild einer Gruppe von Firmlingen gezeigt hatte. Auch ihnen hatte er dieselbe Frage wie uns gestellt, worauf ein Mädchen ihm antwortete: „Jesus sagt: ich habe dich lieb.“
Ja, das ist die beste Antwort! Das ist die Zusammenfassung des Leidens und der Erlösungsgeschichte Jesu.
Im Johannesevangelium 13: 1 (am Anfang der Leidenserzählung Jesu) lesen wir: „Da er die Seinen liebte, die in der Welt waren, liebte er sie bis zur Vollendung.“ Und in Kapitel 10:11 sagt Jesus: „Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe."
Damit betont der Evangelist Johannes, dass der Grund für Jesu Leiden und Tod seine unendliche Liebe zur Welt, zu uns, ist. Es war kein tragischer Unfall oder dergleichen, dass Jesus gekreuzigt wurde, sondern Jesus hat sich selbst ganz bewusst für uns geopfert, so wie es bei Johannes in Kapitel 10:18 weiter heißt: „Niemand entreißt es mir (mein Leben), sondern ich gebe es von mir aus hin."
Jesus Christus hat gelitten und ist gestorben aus Liebe zu uns, damit wir in Ewigkeit bei ihm leben können. Und er hat diese Liebe zu uns für jeden erfahrbar, ja spürbar gemacht.
In Lukas 22: 31-32 lesen wir „Simon, Simon, siehe, der Satan hat verlangt, dass er euch wie Weizen sieben darf. Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht erlischt.“
Liebe Schwestern und Brüder, wir sind jetzt in der letzten Woche der Fastenzeit. Wir denken wieder an Leiden und Tod Jesu und stellen uns in dieser Woche ganz bewusst seinen Kreuzweg vor Augen.
Sein Leiden ist ein Zeichen seiner unendlichen, unvorstellbaren Liebe zu uns - zu uns ganz persönlich.
Wenn wir das im tiefsten so verstehen und annehmen, dann bleiben die vier Wörter immer in unserem Gedächtnis, begeistern uns und schenken uns Mut: „Ich habe dich lieb“.
Es war LIEBE, die Jesus am Kreuz hielt, nicht die Nägel.
P. Ephrem Maniyamprayil OSB