An(ge)dacht

stärke unseren Glauben

"Stärke unseren Glauben!“ – so bitten die Jünger Jesus im Evangelium des heutigen Sonntags (Lk 17,5). Der Evangelist Lukas berichtet an anderer Stelle eine weitere Bitte der Jünger: „Lehre uns beten“ (Lk 11,1). Auf die erste Bitte antwortet Jesus: „Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn …“ (Lk 17,6) und macht deutlich, dass es nicht um Größe, sondern um Echtheit geht. Auf die andere Bitte („Lehre uns beten“) schenkt er das einfachste und zugleich tiefste Gebet – das Vater Unser.

Jesus zeigt immer Wege, die einfach und praktisch für das Christsein sind. Für ihn sind Glaube und Gebet nicht eine Frage der Quantität, sondern der Beziehung. Das Bild vom Senfkorn macht klar: Echter Glaube ist nicht in „viel“ oder „wenig“ messbar. Das Vaterunser ist nicht nur eine Formel, sondern der Eintritt in Jesu eigene Beziehung zum Vater. Das Gleichnis vom bittenden Freund (Lk 11,5–8) und das Gleichnis von der bittenden Witwe (Lk 18,1–8) betonen: „Immer beten, nicht nachlassen.“

So versteht Jesus Glauben und Gebet als etwas, das wächst – wie ein Senfkorn, das „wuchs und wurde zu einem Baum, und die Vögel des Himmels nisteten in seinen Zweigen.“ In diesem Sinn spricht der Evangelist Matthäus vom „kein Glauben“ (Mt 13,58; 16,1–4), vom „kleinen Glauben“ (Mt 6,30; 8,26; 14,31; 16,8) und vom „großen Glauben“ (Mt 8,10; 15,28).

Die Bitten „Stärke unseren Glauben“ und „Lehre uns beten“ darf jeder Christ täglich wiederholen. Dadurch entsteht eine Haltung, in der der Christ vom Wort Gottes durchdrungen wird und Christus widerspiegelt – so wie Paulus es so kraftvoll beschreibt: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir“ (Gal 2,20). Christsein heißt: Tag für Tag im Glauben und im Gebet wachsen.

Vor zwei Wochen, während meines Heimaturlaubs in Indien, habe ich eine Familie besucht – Herrn Charls Mukkath, seine Frau Swapna und ihre drei Kinder. Die älteste Tochter, Anagha Maria, 19 Jahre alt, schreibt mit der Hand das ganze Neue Testament ab! Ich habe sie gefragt: „Warum machst du das?“ – Ihre Antwort war kurz und bezeugend: „Damit ich im Glauben und im Gebet wachse.“

Liebe Grüße Pater Ephrem OSB

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