An(ge)dacht
Fest der Vollendung der Gottesmutter Maria

Liebe Schwestern und Brüder,
am 15. August feiern wir das Fest der Vollendung der Gottesmutter Maria.
Im Evangelium vom Tag hören wir von Elisabeth und Maria, zwei Frauen, die ihr erstes Kind erwarten. Neues Leben wächst in ihnen. Sie erfahren einen Lebensabschnitt, ein Lebensgefühl, zwischen Hoffen und Bangen, denn ihre Kinder, Johannes und Jesus, werden Besondere sein! So hatte es der Engel Gabriel verkündigt. Johannes und Jesus werden nicht nur das Leben ihrer Eltern völlig verändern, sondern auch die Welt.
„Johannes wird viele zu Gott bekehren“, verkündigte der Engel Gabriel. Er wird die Menschen darauf vorbereiten, Gott ganz neu zu begegnen. Ebenso verkündigte der Engel Gabriel Maria, dass ihr Sohn Jesus, der Sohn Gottes genannt wird. Ja, nicht nur genannt wird: er wird es sein. Gott in Jesus und Jesus mit Gott. Und nun treffen sich diese beiden Frauen, die diese besonderen Kinder erwarten. Die schwangere Maria besucht ihre Verwandte, die schwangere Elisabeth. Und jetzt, als Elisabeth und Maria sich treffen, ist da mehr Hoffen als Bangen. Maria drückt es aus; in einem Lobpreis, einem Gotteslob. „Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freuet sich Gottes meines Heilandes.“
Das Bangen und Hoffen der schwangeren Maria weicht einer Trotzhaltung. Denn Gott ist barmherzig zu allen, die ihm ihre Fehler bekennen, vor ihm ablegen, neu beginnen und anders leben wollen.
„Kehrt um, denn Gott ist euch nahe gekommen. Ein anderes Leben ist möglich.“ Das sind auch die Predigtworte, mit denen Johannes und Jesus ihren Auftrag unter den Menschen beginnen werden. Und wer könnte das Wort ˊbarmherzigˋ besser verstehen als die schwangeren Mütter Elisabeth und Maria? Gott hat Maria durch alle persönliche Not hindurchgeführt und sie mit Leib und Seele in den Himmel erhoben.
Ihre Vollendung ist auch für uns ein Hoffnungszeichen. Wir können hoffen, dass unser Leben nach aller Not, Gebrechlichkeit und Unvollkommenheit, die es durchlaufen kann, von Gott vollendet wird.
Das gilt für jeden Einzelnen von uns, weil der Herr jeden bei seinem Namen ruft. Was Gott Großes an der Gottesmutter getan hat als Frau aus dem Volk, will er auch uns tun. Was wir hier nicht zusammenbringen, wird Gott zu Ende führen.
Wir haben Zukunft über alle kosmischen, politischen und menschlichen Bedrohungen hinaus. Auch uns erwartet "Leben in Fülle", "ewiges Leben", "himmlische Zeiten", auch wenn wir es uns weder vorstellen noch ausreichend beschreiben können.
Pater Ephrem OSB