An(ge)dacht
Heimat

Wann haben Sie sich das letzte mal fremd gefühlt? Fremde Gerüche, Klänge, Sprachen, Kulturen, können aufregend und bereichernd und manchmal sehr herausfordernd sein. So gerne Menschen sich in die Fremde aufmachen, um etwas zu erleben, so wichtig ist ihnen oft ein Ort, an den sie zurückkehren können. Eine Heimat, an dem ihnen die Menschen, die Bräuche, die Sprache, die Landschaft, vertraut sind. Für über 100 Millionen Menschen ist das derzeit nicht möglich. So viele Menschen sind laut UNHCR weltweit auf der Flucht.
Sie haben ihre Heimat verlassen, weil Krieg, Gewalt, Hunger und andere Bedingungen sie dazu gezwungen haben. Manche erfahren in der Fremde wirkliche Hilfe, bisweilen gelingt es sogar sich mit der Zeit neu zu beheimaten. Die meisten aber haben nicht nur ihre Heimat, sondern jedes Ansehen und allen Besitz verloren. Wenn ich aus dem Fenster meines Büro das Glatzer Denkmal mit der großen Aufschrift „Heimat“ sehe, denke ich an die Schilderungen ehemaliger Vertriebener, auf die nach Krieg und Vertreibung zunächst Not und Ausgrenzung warteten.
Ich denke an die, die eine neue Heimat hier gefunden haben ohne ihre alte Heimat zu vergessen. - Man kann mehr als nur eine Heimat haben. Ich denke an meine alte Heimat an der Mosel, die ich freiwillig ohne Not verlassen habe und wodurch das Münsterland zu meiner neuen Heimat wurde. Ich denke an die Flüchtlinge, die zu uns kamen und kommen und was sie wohl denken mögen, wenn sie den Begriff Heimat auf dem Denkmal lesen und in ihre Muttersprache übersetzen. Ich denke daran, dass ich bei Trauerfeiern sage: „Wir haben keine bleibende Stätte in dieser Welt. Unsere Heimat ist der Himmel“ Die Glatzer Wallfahrt an diesem Wochenende ist nicht nur für die Menschen wichtig, die ihre nach dem Krieg verloren haben und Erinnerungen an die alte Heimat austauschen und in der Gemeinschaft etwas von dem, was sie verloren haben wieder entdecken. Die Glatzer Wallfahrt erinnert auch mich daran, wie dankbar ich sein kann, eine (sogar zwei) Heimat zu haben. Ein Ort, an dem ich mit allem vertraut bin. Ein Ort, der ein kleiner Vorgeschmack auf den Himmel unsere ewige Heimat ist.
Richard Schu-Schätter