An(ge)dacht
Palmsonntag/Karwoche

Eine bewegende Woche liegt vor uns: die Karwoche.
In ihr bilden die drei österlichen Tage vom Gründonnerstagabend bis zum Ostersonntag das Zentrum.
Der Palmsonntag stellt gewissermaßen das Hauptportal dar, durch das wir in diese Woche eintreten. Seine Bilder und Figuren erzählen bereits, was uns im Zentrum erwartet.
Und mitten im Zentrum dann ein Tag voller Ruhe - der Karsamstag.
Im Brauchtum wird dem Rechnung getragen, indem alle Glocken stillstehen –
fast als würde die Welt den Atem anhalten.
Hier herrscht Stille beziehungsweise hier soll Stille herrschen.
Das Kirchenjahr erinnert uns an die Notwendigkeit von Stille, Ruhe, Abgeschiedenheit.
In unserer Festtagsgeschäftigkeit und Alltagstätigkeit klammern wir das zu leicht aus.
Oft bringen uns erst Zeiten der Schwäche, der Krankheit oder der Pandemie wieder
zur Besinnung.
Wir brauchen Phasen des Anhaltens, der Unterbrechung unseres Lebensflusses,
wo wir der Seele lauschen können, um zu hören, was sie braucht:
Leben aus der Stille; Kraft schöpfen, auch aus dem Dunkel;
wie Krankheitszeiten oft wert- und sinnvolle Wachstums- und Entwicklungszeiten sind.
Man geht gestärkt, gestrafft, erneuert daraus hervor.
Stille – wir können nicht auf sie verzichten.
Nie konnte ich mit Karsamstag etwas anfangen, bis ich in einer längeren Krankheitszeit mich einmal fragte:
Was geben mir eigentlich diese Tage Gutes?
Was habe ich davon?
Was ermöglicht mir die Krankheit?
Die Krankheit hat mir Einhalt geboten, mich gebremst, mich heilsam unterbrochen,
durch Fieber und Schmerz ans Bett gefesselt, mich wieder in Kontakt gebracht mit meiner Wohnung, nährender Musik und mit der Stimme meines Inneren.
Fragen als Impuls:
Möchten sie diese Perspektive nicht einmal ausprobieren:
Krankheit als Ratgeber zu erleben?
Krankheit als die Stimme einer liebevollen Freundin, eines wohlgesonnenen Freundes zu erfahren?
Krankheit wie ein Signal, wie eine Warnung, wie einen Hinweis zu sehen, wie mein Leben besser gelingen könnte.
Vielleicht gönnen Sie sich am Karsamstag für solche Fragen eine Zeit der Stille.
Ein Letztes: Aus dem Schrecken des Karfreitags, aus der Ruhe des Karsamstags wächst Ostern.
Günther Falkenberg