An(ge)dacht
Umkehren? Jetzt!
Umkehren? Jetzt!
Jeden Tag begegne ich Menschen, die überraschend für längere Zeit krank geworden sind. „Umkehr“ - für einen Menschen, der krank ist, für einen Menschen, der nicht mehr so kann, wie er es gerne möchte, bekommt dieses Wort einen besonderen Klang.
Umkehren bedeutet dann: seine Gewohnheiten, den Alltag ändern müssen. Sich mehr bewegen, anders essen. Oder: sich einschränken müssen, sich mit weniger zufrieden geben, von anderen helfen lassen müssen –.
Wenn die Kräfte nachlassen, das Alter zu spüren ist, eine Erkrankung länger anhält, dann kann es nicht mehr so weitergehen wie bisher. Dann muss man bereit sein, sich auf Neues einzulassen, Altes aufzugeben. Der Täufer Johannes nennt es Umkehr.
Oft beginnt der Weg der Umkehr aufgrund von äußeren Notwendigkeiten, seltener aufgrund innerer Einsicht. Die Erkenntnisse zum Klimawandels hatte man schon in den 90ern, Umkehr beginnt erst jetzt, wo Naturkatastrophen und Energieknappheit uns dazu zwingen. Aber: wenn dann Umkehr wirklich gelingt, können Krisen gemeistert werden.
Der Täufer Johannes ruft zur Umkehr. Umkehren nicht nur deswegen, weil mir der körperliche Zustand keine andere Wahl lässt. Umkehren im Sinne von: „Verantwortung übernehmen“! Verantwortung für die eigene Gesundheit, Verantwortung für meine Lebensgestaltung, wenn ich mit einer Erkrankung zurechtkommen muss, Verantwortung für unsere Natur und für die Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen.
Verzicht und Veränderungen, die damit einhergehen, können das Leben intensiver machen: Mensch, werde wesentlich! Dazu kann dann gehören, den Blick zum Himmel zu richten, wieder neu das Gebet zu suchen, die Dankbarkeit zu pflegen, weil nichts selbstverständlich ist. Und auch das sagen mir manche der Kranken in unserer Klinik: „Bei allem Schweren fühl ich mich von Gott getragen“. So sagt es Johannes: „Das Himmelreich ist nah“!
Birgit Hollenhorst, Seelsorgerin in der Klinik Maria Frieden