An(ge)dacht
Glaube beginnt mit einer Frage

Liebe Schwestern und Brüder,
im Evangelium des kommenden Sonntags hören wir, wie Jesus seine Jünger fragt: „Für wen halten die Menschen den Menschensohn?“ Es ist eine direkte, tiefgehende Frage – fast wie eine Prüfung in der Schule oder im Studium. Die Jünger sind seit drei Jahren mit Jesus unterwegs, und nun erleben sie diese persönliche Frage von ihrem Meister.
Zunächst wiederholen sie, was die Menschen damals über Jesus sagten: „Einige halten dich für Johannes den Täufer, andere für Elija oder einen der Propheten.“ Doch dann richtet sich Jesus ganz persönlich an sie: „Ihr aber – für wen haltet ihr mich?“ Diese Frage trifft sie mitten ins Herz.
Petrus, ihr Sprecher, bekennt: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“
Ein mutiges Bekenntnis – keine Theorie, sondern Ausdruck tiefen Vertrauens in Jesus. Und Jesus antwortet: Das hast du nicht aus dir selbst erkannt – das ist dir von Gott geschenkt.
Dann folgt der zweite, entscheidende Teil: „Du bist Petrus – der Fels –, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen.“ Auf dem Bekenntnis des Petrus will Jesus seine Gemeinde gründen. Dort, wo Menschen sagen: „Du bist der Christus“, dort wächst Kirche. Dort lebt Hoffnung. Dort entsteht Gemeinschaft – getragen vom Vertrauen auf den lebendigen Gott.
Was bedeutet dieses Evangelium für uns heute? Die Frage Jesu bleibt sehr aktuell: „Wer bin ich für dich?“ Es ist eine Frage, auf die unser Leben eine Antwort geben soll – nicht nur sonntags, nicht nur im Gebet, sondern mitten im Alltag: in unseren Fragen, Zweifeln und all unseren Entscheidungen.
Unser Bekenntnis kann leise oder laut sein, zögernd oder überzeugt – doch es hat die Kraft, uns selbst und unser Umfeld zu inspirieren und zu verändern. Jesus traut uns zu, mit diesem Glauben Kirche zu bauen, Beziehungen zu stärken und Hoffnung zu teilen.
Wenn wir ehrlich auf diese Kernfrage antworten, kann unser christliches Leben überall Früchte tragen. Glaube beginnt mit einer Frage – und wird zur Antwort des Lebens. Und diese persönliche, ehrliche Antwort baut die Kirche – heute, morgen, in unserer Welt.
Pater Ephrem OSB